Für Menschen mit Behinderung gibt es nach Ansicht der Malteser in Deutschland viel zu wenige Angebote im Bereich Hospizversorgung und Trauer. „Für schwerkranke oder trauernde Menschen, die eine körperliche oder geistige Behinderung haben, gibt es nicht so eine gute Versorgung wie für andere Gruppen. Das müssen wir dringend ändern“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Malteser in Deutschland, Elmar Pankau. Erste Erfahrungen gemeinsam mit Trägern der Eingliederungshilfe zeigen, „dass insbesondere Menschen mit kognitiven Einschränkungen von Themen wie Sterben, Tod und Trauer oft immer noch geradezu ferngehalten werden“, so Pankau.
Das heutige Verständnis von Teilhabe am sozialen Leben für Menschen mit Behinderung steht im Gegensatz zur gelebten Praxis. „Oft herrscht in Einrichtungen der Eingliederungshilfe Unsicherheit, wie mit Sterben, Tod und Trauer umgegangen werden kann. Viele Mitarbeitende haben sich nicht bewusst für eine Arbeit mit Sterbenden entschieden – sind jetzt aber durch die erste Generation an älter werdenden Menschen mit Behinderung dazu gezwungen, sich in diese Themen einzuarbeiten“, erklärt Franziska Mielke, Leiterin des Projekts „Hospizarbeit inklusiv“ der Malteser in Hannover.
In ersten Einrichtungen der Eingliederungshilfe haben die Malteser gemeinsam mit den Trägern begonnen, Voraussetzungen zu schaffen, um diese Tabus aufzulösen. Heilpädagogen und Sozialarbeiter erörtern mit Hospizbegleitern in Arbeitsstätten oder Wohngruppen für Menschen mit Behinderung, wie der Kulturwandel gelingen kann. Dabei stehen wichtige Fragestellungen im Vordergrund: Was wollen und benötigen Menschen mit Behinderung? Welcher Umgang mit der Wahrheit ist gut? Welche Information ist angemessen? Welche Erfordernisse gibt es in der Kommunikation? Wie werden die Gefühle aufgefangen, die die „neuen“ Themen auslösen können? Wie können Mitarbeitende und Mitbewohner unterstützt werden, die teilweise wie eine Familie der sterbenden Menschen mit Behinderung sind?
Mehr Menschen mit Behinderung zu Hospizbegleitern ausbilden
„Unser Ziel ist es, dass auch Menschen mit Behinderung zu Hospizbegleitern werden, weil sie anderen Menschen mit Behinderung wegen ähnlicher Erfahrung besonders gute Begleiter sein können“, sagt Benja Posselt, Leiterin der Hospizarbeit der Malteser in Hannover. Dafür müssen die bislang „getrennten Lebenswelten“ in der Eingliederungshilfe und Hospizbegleitung deutlich stärker zusammengeführt werden.
Gleichermaßen müssen auch Berührungsängste bei ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen und -begleitern abgebaut werden. Sprache und Verständnis des Gegenübers gelten als Hindernisse für ein Miteinander in schwerer Zeit. „Nach ersten Schritten im Projekt sehen wir aber, dass die Art und Weise wie Sprachlosigkeit, die in der Hospizarbeit immer wieder vorkommt, nicht entscheidend ist. Entscheidend ist vielmehr, dass wir sie aushalten können und von Mensch zu Mensch über viele andere Wege verfügen, um eine Stütze in schwerer Zeit zu sein“, so Posselt.
Barrierefreie Angebote der Hospizarbeit und Palliativversorgung sollten für Menschen mit Behinderung flächendeckend zugänglich sein. „Auch am Ende des Lebens muss Inklusion selbstverständlich sein“, sagt Benja Posselt. Aber weder in der Regelfinanzierung der Eingliederungshilfe noch in den Fördermitteln für die Hospizarbeit ist diese Aufgabe berücksichtigt.